Die Working Moms expandieren über die Bundesgrenze hinaus

Beirat Priska

Um Priska Altorfer wurde vor knapp zwei Jahren der erste Schweizer Ableger der Working Moms nahe Zürich gegründet.

Nachdem der Start während der Coronapandemie verhalten anlief, will die Vorsitzende den Verein jetzt richtig bekanntmachen.

Schaut man in die Statistiken, steht die Schweiz gar nicht mal so schlecht da, was den Frauenanteil in Führungspositionen angeht:

Demnach ist ein Drittel aller Führungskräfte weiblich.

Deutschland schneidet mit einem Anteil von 28 Prozent schlechter ab.

Der Durchschnitt in der EU-Zone liegt bei knapp einem Drittel.

Ist die Schweiz also auch auf einem guten Weg, was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie angeht? Priska Altorfer schüttelt vehement den Kopf. „Ich erlebe es sehr selten, dass Frauen mit Kindern Karriere machen“, sagt sie. Das findet sie zwar bedauerlich, weist zugleich allerdings auch auf die Hintergründe hin: „Man darf nicht vergessen: Meine Generation ist mit Müttern ohne Stimmrecht aufgewachsen.“ Das Frauenwahlrecht wurde in der Schweiz erst 1971 eingeführt. Demnach fehlte es den heute erwachsenen Frauen in ihrer Jugend oftmals an selbstbestimmten Vorbildern. Genauso haben die Männer in der Regel die traditionelle Rollenverteilung kennengelernt: Mütter kümmern sich um Haushalt und Familie, Väter gehen arbeiten und verdienen das Geld.

Auch Priska Altorfer ist mit diesen Rollenvorbildern aufgewachsen – ihre Mutter war für Kinder und Haushalt nebst ihrer Teilzeitarbeit zuständig. Dennoch wollte sie immer raus in die Welt und sich beruflich verwirklichen. Sie begann, in einer Speditionsfirma am Züricher Flughafen zu arbeiten, wechselte in den Rohstoffhandel und kam als Händlerin viel herum. Sie lebte und arbeitete in Brasilien, Frankreich, Taiwan, den USA und sogar in Ägypten. „Ich hatte immer Mentoren, die an mich glaubten“, erinnert sie sich. Doch als sie ihr erstes Kind bekam, hatte sie einen Monat später die Kündigung auf dem Tisch. „Wir wollen keine Mütter im Unternehmen“, hiess es geradeheraus.

Statt zu hadern, beschloss die junge Mutter, sich selbstständig zu machen. Gemeinsam mit ihrem Mann gründete sie ihre heutige Firma, ein Beratungs- und Softwarehaus für IT-Security und Compliance. Für sie war es ein gemeinsamer Weg, Familie und Beruf miteinander in Einklang zu bringen. Dass ihr Mann ein Deutscher ist, habe die Sache vereinfacht, sagt sie. Weil er emanzipierter und damit offener sei, als manch Eidgenosse. Beide hatten in ihren vorigen Jobs das nötige Fachwissen und die Erfahrungen im IT-Bereich angesammelt. Heute hat das Unternehmen rund 15 Beschäftigte – und die Unternehmensgründer fünf Kinder im Alter zwischen zwölf und 20.

Dass Priska Altorfer einen Working Moms-Verein gründete, obwohl ihre Kinder schon länger aus dem gröbsten heraus sind, begründet sie damit, dass er eine Lücke schliesse. „Solche Netzwerke sind in der Schweiz noch Mangelware“, sagt sie. Bei ihren Besuchen der Münchener Working Moms habe sie die Bandbreite der Gespräche zu Fach- und Familienthemen und der Unterstützung der Mitglieder untereinander beeindruckt. Deshalb beschloss sie, zusammen mit Christiane von der Eltz, General Manager der Merk Schweiz AG und ehemaliges Mitglied des Frankfurter Vereins, sowie anderen Frauen den ersten Schweizer Ableger zu gründen. „Einen Segen für die Schweiz“, nennt sie den Verein. Knapp 20 Frauen sind bislang Mitglied. „Noch sind es überwiegend Expatriates, doch selbstredend wollen wir ein Schweizer Verein auch für Schweizerinnen sein.“.

Zuletzt hat die Coronapandemie das Wachstum gebremst. Doch nun wollen Altorfer und ihre Mitstreiterinnen verstärkt daran arbeiten, die Working Moms in Zug nahe Zürich und darüber hinaus bekannter zu machen und für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu werben. „Wir freuen uns sehr, dass wir weiter expandieren und auch in unserem Nachbarland mit einem ersten Verein präsent sind“, kommentiert Lucia Mathée, Vorsitzende des Working Moms-Verbands. „Der Schweizer Verein bereichert unseren standortübergreifenden Austausch sehr. Mit dem Vereinsvorstand unter der Leitung von Priska haben wir dort eine schlagkräftige Spitze, von der wir noch viel hören werden.“

Und weil Priska Altorfer weiss, wie schnell Menschen sich provoziert fühlen, wenn man den Status Quo in Frage stellt, ergänzt sie: „Wir propagieren nicht, dass alle Frauen mit Kindern Karriere machen sollen. Doch wir treten dafür ein, dass sie es dürfen.“ Ausserdem sei es volkswirtschaftlich ein Desaster, wenn so viele gut ausgebildete Frauen dem Arbeitsmarkt wegen der Kinderbetreuung fernblieben.

 

Vorstandsvorsitzende eines eigenen Unternehmens, Mutter von fünf Kindern, die alle noch zu Hause leben, verschiedene Ehrenämter und jetzt auch noch Vorstand der Working Moms Schweiz – wie bekommt sie das alles unter einen Hut? „Wie alle Working Moms habe ich eine Vorwärtsstrategie“, sagt sie schmunzelnd. Soll heissen: Nicht hadern, sondern machen. Lösungen finden. Nach vorne gucken – nicht zurück. „Ich bin ein positiv denkender Mensch. Und wenn ich mal nicht weiterweiss, denke ich daran, dass andere Menschen ein sehr viel schwierigeres Leben haben als ich.“

 

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