Künstliche Intelligenz: 5 Bereiche, in denen du ihr fast ständig begegnest

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watson.ch – jilline bornand 

Heute schon künstlicher Intelligenz begegnet? Höchstwahrscheinlich ja, aber möglicherweise achtlos an ihr vorbeigegangen.

5 Bereiche, die die KI schon revolutioniert hat.

Medienkonsum: Du kriegst, was du liebst

Ob Musik über Spotify, Filme und Serien über Netflix oder Nachrichten über Infoportale: Heute wird uns individuell empfohlen und geliefert, was aufgrund unseres digitalen Nutzerverhaltens am besten zu uns passt – und nicht, was die meisten anderen interessiert. Zu deiner persönlichen Netflix-Empfehlung bekommst du übrigens auch ein auf deine Vorlieben angepasstes Vorschaubild.

Du bevorzugst romantische Komödien? Dann ziert bei «Der Pate» vermutlich eine Filmszene der Hochzeit die Empfehlung. Bei deiner Kollegin, der Thriller-Liebhaberin, wird es wohl das grimmige Gesicht des Paten sein, das die Maschine auswählt. «Nicht, dass die Maschine versteht, was eine Hochzeit ist; sie wählt die Szene lediglich basierend auf deinem Nutzungsverhalten und optimiert die Klickrate», präzisiert der KI-Experte Daniel Yu.

Social Media: KI als Entscheidungshilfe

Decision Fatigue – Entscheidungsmüdigkeit: Dieses Phänomen zeigt unsere Überforderung mit der schieren Menge an Möglichkeiten in unserer Multi-Options-Gesellschaft. Was sollen wir ansehen, wenn auf LinkedIn 10 Mio. aktuelle Stellenausschreibungen zu finden sind, auf Instagram weltweit jeden Tag ca. 100 Mio. Fotos und auf YouTube jede Minute 400 Stunden Material hochgeladen werden? Zu gerne übergeben wir zumindest diese Entscheidungen an Algorithmen, die unsere Vorlieben kennen.

Die KI zieht durch deine Klicks, Likes, Posts und Kontakte Rückschlüsse auf deine Interessen und spielt dir entsprechend Inhalte aus. Der Inhalt ist wichtiger als der Absender. Auf die Spitze getrieben ist diese sogenannte Hyperpersonalisierung bei TikTok, das gar keine Suche mehr vorsieht, sondern nur für dich individuell empfohlene Videos unendlich aneinanderreiht.

Künstliche Intelligenz versucht auch fragwürdige oder verbotene Inhalte von uns fernzuhalten – YouTube bräuchte dafür über 70’000 Mitarbeitende aus Fleisch und Blut, die 8 Stunden am Tag pausenlos Videos überprüfen …

Instant Access: Wozu warten?

Jetzt und sofort, lautet heute die Devise. Öffnungszeiten waren gestern. Wenn ich am Samstag eine Versicherung abschliessen will, will ich nicht warten, bis mich am Montag eine Beraterin anruft. Vor allem Banken und Versicherungen haben sich die künstliche Intelligenz für viele Services zu Nutze gemacht. Wer ich bin und ob ich vertrauens- oder kreditwürdig bin, kann heute eine Maschine evaluieren – nicht sympathie- sondern faktengesteuert. Sie trifft den Entscheid, mich als neuen Kunden aufzunehmen oder meinen Kreditantrag abzulehnen. Effizient fürs Unternehmen, schnell für mich.

Smartphone und Co.: klein und oho

Jedes Handy schafft es, mit einem Code entsperrt zu werden – die Übereinstimmung von Zahlen ist leicht festzustellen. Bei der Gesichts- oder auch Fingerprinterkennung braucht es dagegen künstliche Intelligenz, die dein Gesicht unter Millionen anderen erkennt, indem sie bestimmte markante Punkte mit Millionen anderen Daten vergleicht. Dabei ist es ihr egal, ob du direkt aus dem Bett kommst oder frisiert und geschminkt bist …

Hast du dich schon gewundert, dass eine so kleine Linse im Handy so schöne Fotos machen kann? Auch hier ist KI im Einsatz, die den Profifotografen oder Photoshop ersetzt und deine wacklige Aufnahme blitzschnell optimiert. «Nicht die Kameras per se sind besser geworden, sondern die Bildalgorithmen dahinter», meint KI-Kenner Daniel Yu.

Marketing: Woher weiss der …?

Es ist kein Zufall, dass bei der Google-Suche die Werbung für die begehrten Sneakers aufpoppt. Künstliche Intelligenz stützt sich neben demografischen Daten insbesondere auf das Klick- und Suchverhalten und platziert gezielt individuelle Produktwerbung. Du bist nicht mehr Teil einer vordefinierten Kundengruppe, sondern eine eigenständige Persönlichkeit, deren Bedürfnisse digital ernstgenommen werden. Das kann auch bedeuten, dass du einen auf dich zugeschnittenen Newsletter oder beim Einkaufen Extrapunkte für bestimmte Produkte erhältst.

Letzteres ist übrigens auch eine Art Überprüfung, ob das System funktioniert. Wird das vorgeschlagene Produkt tatsächlich gekauft, ist dies eine Bestätigung für den Algorithmus. «Die Maschine lernt durch Probieren und Fehler machen und braucht Feedback, um sich fortlaufend zu verbessern», fasst Yu zusammen.

Die Liste ist bei Weitem nicht abschliessend. Dank KI kommunizieren wir mit Chatbots, zeigt uns das Navi nicht mehr den kürzesten, sondern auch den schnellsten Weg, erhalten wir breit abgestützte medizinische Diagnosen und personalisierte Behandlungspläne, übersetzen wir einen fremdsprachigen Text ohne langjähriges Sprachstudium oder lesen wir unmittelbar nach Abpfiff des Fussballspiels schon den Spielbericht. Was die KI insgesamt auszeichnet, ist ihre unglaubliche Schnelligkeit, nie nachlassende Qualität und theoretisch beinahe unbegrenzte Einsatzszenarien. Dafür frisst sie nicht nur eine Unmenge an Daten, sondern vor allem in der Trainingsphase auch unvorstellbar viel Energie.

Zum Artikel auf watson.ch 

illustration: mathias bamert

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