Wie unterstützt man Frauen, die ein Unternehmen gründen wollen?

Innosuisse

Innosuisse – In der Schweiz gründen immer noch sehr wenige Frauen ihr eigenes Technologie-Unternehmen – in den meisten Ländern ist das Geschlechterverhältnis bei Start-up-Gründungen viel ausgewogener. Was hält Frauen hierzulande von der Gründung eines eigenen Start-ups zurück? Lassen sie sich schneller entmutigen als Männer? Fehlen ihnen geeignete Vorbilder?

Fragen, die auch Innosuisse-Verwaltungsrätin Trudi Hämmerli beschäftigen. Eine Spurensuche.

Beim Frauenanteil in Technologie-Unternehmen liegt die Schweiz im internationalen Vergleich auf den hintersten Rängen. Kommen im Schnitt auf zehn Unternehmer durchschnittlich sieben Unternehmerinnen, sind es in der Schweiz nur fünf, wie der Global Entrepreneurship Monitor 2018/2019 zeigt. Analysen zum Start-up-Coaching der Innosuisse liefern ein ähnliches Bild: Demnach liegt der Frauenanteil in den Gründungsteams der gecoachten Start-ups durchschnittlich bei 14 Prozent.
Ein Unterschied zwischen den Geschlechtern ist zwar zu erwarten, da das Studium der MINT-Fächer nach wie vor männerdominiert ist. Aber das erklärt nicht, weshalb die Frauen zusätzlich noch während des Gründungsprozesses ihr Interesse an einer eigenen Firma verlieren. Denn genau das legt die Wirkungsanalyse des Start-up-Trainings von Innosuisse offen. Sie untersuchte unter anderem die Verteilung der Geschlechter in den Trainings-Kursen 2016 und 2017 (damals noch unter der KTI und unter dem Namen CTI Entrepreneurship): Im Modul 2 für Gründungsinteressierte («Business Concept») waren es 30 Prozent Frauen, im Modul 3 («Business Creation») noch 25 Prozent und im Modul 4 («Business Growth») nur noch 12 Prozent weibliche Kursteilnehmer.«Innosuisse will die Zahl der Teilnehmerinnen unbedingt steigern. Wir müssen deshalb genauer untersuchen, warum die Frauen zwischen den Trainings und der Gründung eines Start-ups das Interesse verlieren», betont Trudi Hämmerli. Die Innosuisse-Verwaltungsrätin ist sowohl Unternehmerin als auch Business Angel und kennt beide Seiten des Ökosystems. 

«Den Frauen fehlt es oft an Selbstvertrauen, während Männer sich alles zutrauen und sofort Ja sagen», sagt Hämmerli. Frauen halten sich hingegen eher zurück, bis sie wissen, sie schaffen das.» Das allein sei aber als Unternehmerin kein Nachteil – im Gegenteil. «Frauen führen eine Firma oft erfolgreicher als Männer. Gerade auch weil sie überlegter Risiken eingehen.»

 

Neu-Unternehmerinnen schlage auch oft ein rauerer Wind entgegen als ihren männlichen Kollegen, so die Erfahrung von Innosuisse-Coach Paola Ghillani. «Start-up-Gründerinnen fühlen sich manchmal nicht ernst genommen. Hauptgrund dafür ist, dass Experten und Investoren eher Männer älterer Generationen sind und manche, bewusst oder unbewusst, aus einem paternalistischen Verständnis heraus mit Frauen weniger konstruktiv zusammenarbeiten.» Im schlimmsten Fall lässt sich eine Frau dadurch bereits in der Anfangsphase einer Unternehmensgründung demotivieren.

Immerhin hat sich in diesem Bereich in den vergangenen Jahren viel getan: Bei jungen Frauen seien diese Unterschiede bereits viel weniger ausgeprägt, sagt Trudi Hämmerli. «Sie sind in einer emanzipierteren Welt aufgewachsen und haben ein neues Selbst- und modernes Rollenverständnis. Für sie gibt es diese expliziten Unterschiede zwischen Mann und Frau deutlich weniger.»

 

Ein weiterer Grund für den Mangel an Unternehmerinnen sei die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sagt Paola Ghillani. «Die Kinder kommen genau in den Jahren, in denen man normalerweise die Energie hat, um etwas auf die Beine zu stellen.»

 

Bei einem Punkt sind sich beide Unternehmerinnen einig: Einer der Hauptgründe dafür, dass es wenige Start-up-Gründerinnen gibt, sind die fehlenden weiblichen Vorbilder, gerade in der technologischen Welt. Innosuisse hat deshalb einen Call für die Akkreditierung von weiblichen Coaches lanciert, insgesamt 7 Frauen wurden 2019 akkreditiert. «Wir brauchen und haben ja tolle Frauen, die andere inspirieren», sagt Dominique Gruhl- Bégin, Leiterin Gründerszene und Nachwuchs bei Innosuisse. «Wir müssen die Frauen dazu bringen, sich die Frage zu stellen: Was hält mich eigentlich zurück?»

Gründerinnen tut es gut, unter sich zu bleiben. Dies zeigt sich am Beispiel von Irland: 2012 waren bei einem Pitching von insgesamt 100 Bewerbern nur sieben weiblich. «Die irische Behörde organisierte darauf einen Pitch-Event nur für Frauen», erzählt Trudi Hämmerli. Und plötzlich meldeten sich 50 Frauen mit ihren Geschäftsideen. «Unter sich haben Frauen offenbar ein grösseres Selbstwertgefühl und mehr Mut.»

Eine weitere Massnahme ist der Aufbau von frauenspezifischen Netzwerken: Vielen Gründerinnen fehle es an nötigen Beziehungen, so Hämmerli. «Es ist wichtig, dass Frauen merken, es gibt noch andere, ich bin nicht alleine.» Aus diesem Grund unterstützte Innosuisse 2019 beispielsweise das Female Innovation Forum als Partnerin. An diesem Anlass treffen sich Innovatorinnen, Investorinnen, Gründerinnen, Netzwerkerinnen sowie Business Angels und teilen ihr Wissen.

Innosuisse will ihre Förderung künftig noch mehr auch auf andere Zielgruppen ausweiten. Zum Beispiel auf Frauen in der zweiten Lebenshälfte. «Viele erfahrene Berufsleute verspüren Lust, für den Rest ihrer beruflichen Laufbahn neue Wege einzuschlagen. Sie bringen dafür nicht nur eine hohe Motivation, sondern auch viel relevante Erfahrung mit», heisst es im Mehrjahresprogramm 2021–2024.

 

Zusätzlich soll die Sensibilisierung fürs Unternehmertum schon früher, nämlich bereits ab der Sekundarstufe, beginnen. «Wir möchten unbedingt junge Frauen fürs Unternehmertum begeistern», sagt Dominique Gruhl-Bégin. «Ich glaube daran, dass die Generation Z und die Millennials mit ihrem Selbstbewusstsein etwas in der Gesellschaft, in der Wirtschaft und in der Politik verändern werden können.»

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