Diese Tools helfen bei der Suche nach einer Verwaltungsrätin

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Handelszeitung – Tina Fischer 

Es ist seit Jahren die gleiche Leier: Die Firmen klagen darüber, dass sie gerne eine Frau einstellen würden, dass das Feld der Kandidatinnen aber leider zu klein sei. Bei den 100 grössten privaten Arbeitgebern sind gerade einmal 26 Prozent der Verwaltungsräte weiblich, wie der «Schillingreport» zeigt.

«Tendenz steigend», sagt Headhunter Guido Schilling selber. Doch die Entwicklung erfolgt schleppend – und im Einzelfall geradezu blamabel. Warum?

Ein Grund sind schlicht und ergreifend die Männer, die noch immer mehrheitlich in den Gremien sitzen und seit Jahren hätten Frauen nachziehen können. Denn es ist nicht so, dass sich keine Frau findet. Sondern dass es aufwändig ist, eine zu suchen.

Entsprechend ist es für bestehende Mitglieder einfacher, einen bekannten Kollegen ins Boot zu holen, der «sicher passt», statt den Aufwand einzugehen und eine (ebenfalls passende) Frau ausfindig zu machen.

Dazu kommt ein Totschlagargument: «Wir wissen nicht, wo wir Frauen finden.» Aber dieses Argument gilt nicht mehr. Es gibt genügend Tools, die zur Unterstützung bereitstehen und die den Zugang zu vielen potenziellen und qualifizierten Kandidatinnen herstellen.

Um die Suche zu vereinfachen, findet sich hier eine kleine, nicht abschliessende Auswahl an möglichen Plattformen, die bei der Suche nach einer passenden Verwaltungsrätin helfen:

Women for the Board – Frauen, exponiert euch!

Die Plattform «Women for the Board» existiert seit Juni 2022 – und hat einen Nerv der Zeit getroffen. «Innert dieser kurzen Zeit wuchs die Anzahl der Followerinnen und Follower auf Linkedin auf knapp 2000 an, und wir konnten bereits über 50 Frauen aus verschiedenen Branchen auflisten», erzählt Gudrun Haager, eine der sechs Mitgründerinnen.

Geld zu verdienen, ist nicht das Ziel der Plattform. Der Jahresbeitrag kostet 50 Franken pro Jahr, damit der Verein bestehen kann und die Webseite läuft. Das Ziel: «Wir wollen die Sichtbarkeit von Frauen erhöhen und Firmen ein Tool in die Hand geben, um passende Frauen finden zu können», sagt Haager. «Wir sind nicht die Amazonen, die gegen die Männer kämpfen.»

Entsprechend finden sich zu jeder der aufgelisteten Kandidatinnen ein Kurzporträt inklusive Arbeitsstationen und Link zum Linkedin-Profil. Auf der Liste stehen Anwältinnen, Naturwissenschafterinnen, Finanzexpertinnen, Versicherungsbrokerinnen und viele mehr. Die Felder sind breit, es hat für alle Suchenden eine Kandidatin dabei.

Durch den Verweis auf das Linkedin-Profil können Firmen in direkten Kontakt mit den Frauen treten und sie für das freie Verwaltungsratsmandat anfragen. «Die Suche und Kontaktaufnahme ist kostenfrei. Das ist auch für kleinere Firmen spannend, da sie oft weniger Budget für Executive Searches haben.»

Es scheint zu funktionieren: Mehrere Frauen sind laut Haager im Gespräch mit Firmen, dabei teilweise mehrere bei der gleichen Firma. Statt aber in Konkurrenz zueinander zu stehen, unterstützt man sich gegenseitig und hofft, dass es zumindest eine Frau ins Board schafft.

VRMandat.com – Verwaltungsrat für KMU

Women for the Board besteht seit wenigen Monaten. Um einiges länger unterwegs sind Dominic Lüthi und sein Team mit der Plattform VRMandat.com: «Die Plattform gibt es seit zehn Jahren, wir verzeichnen 2500 Kandidatinnen und Kandidaten, die ein Verwaltungsratsmandat suchen.»

Darunter sind 26 Prozent Frauen, also rund 600 Kandidatinnen. Dabei konzentriert sich die Plattform auf einen in dieser Diskussion weniger beachteten Teil der Schweizer Firmenlandschaft: die KMU-Szene.

Die Plattform ist diskreter als Women for the Board – und es steckt ein Geschäftsmodell dahinter. Potenzielle Verwaltungsrätinnen bezahlen bei VRMandat.com eine Registrierungsgebühr von 200 Franken, danach einen jährlichen Beitrag von rund 35 Franken.

Firmen lösen eine Jahresmitgliedschaft von 290 Franken und nutzen dann die Plattform für die Suche sowie für direkte Anfragen. Bei erfolgreicher Vermittlung über die Plattform werden für die suchenden Unternehmen Vermittlungsgebühren fällig, analog zum klassischen Vermittlungsgeschäft.

Wer den Zugang löst, kommt direkt auf die Plattform und kann selbst auswählen, was er oder sie sich wünscht. Die Profile können sortiert werden nach Erfahrung, Geschlecht, Alter, Sprachkompetenzen oder Lohnvorstellungen.

Bei der Suche werden die registrierten Personen vorgeschlagen, mit verpixeltem Bild und gekürztem Namen: Frau L. passt zu 97 Prozent, Frau O. zu 93 Prozent, Herr K. zu 73 Prozent.

«Über VRMandat.com erfolgt dann die Kontaktaufnahme, das Kennenlernen und hoffentlich eine Besetzung der freien Verwaltungsratsstelle», so Lüthi. In den letzten acht Wochen registrierte er sieben Vermittlungen – eine Zahl, die Lüthi freut.

Denn während die SMI-Firmen sowie die hundert grössten privaten Unternehmen jährlich von Headhunter Schilling gescreent werden, besetzen KMU noch auffallend oft freie Verwaltungsratsstellen aus dem eigenen Netzwerk, dazu häufig mit Männern.

Das hat laut Lüthi verschiedene Gründe: «Es ist das Mindset, das Denken der Personen im Verwaltungsrat. Man weiss, dass Männer tendenziell männliche Kollegen portieren.»

In der Pflicht sieht Lüthi auch den Präsidenten des Verwaltungsrats: «Der Präsident – und zumeist auch Inhaber der Firma – bündelt nicht selten die Macht und bringt gerne seine Entourage mit. Es fehlt oft an Mut, eine externe Person – oder in gewissen Fällen eine Frau – aufzunehmen.» Dass aber KMU mit mehr Diversität im Verwaltungsrat gewinnen können, dieses Denken müsse sich weiter manifestieren.

Executive Search – klassische Personalvermittlung

Ganz klassisch erfolgt die Suche nach einer Verwaltungsrätin via Executive Search – oder in der Umgangssprache: über eine Headhunterin. Eine solche Headhunterin ist die ehemalige SRF-Korrespondentin Henriette Engbersen. Sie wechselte vom Journalismus in die Privatwirtschaft zu Level Consulting.

Ihr Ziel: Frauen in Führungspositionen bringen. «Ich möchte Frauen in Toppositionen fördern und sie sichtbarer machen», sagt sie gegenüber der «Handelszeitung».

Ein erster Schritt in Richtung ihres Ziels erfolgte jüngst mit der Gründung der Firma Women-Up. Nebst der Bereitstellung von Informationen zu Berufsthemen ist ein Ziel von Women-Up, Frauen in Führungspositionen zu vernetzen – denn Netzwerke sind mitunter für die künftige Suche von Verwaltungsrätinnen essenziell. Und: «Die C-Level-Frauen von heute sind die Verwaltungsrätinnen von morgen.»

Das ist nur ein Schritt. Im klassischen Executive-Search-Geschäft sieht der Ablauf vereinfacht wie folgt aus: einen Auftrag erhalten, die geeignete Person suchen, etwa im eigenen Netzwerk, in der Datenbank oder in den Sozialen Medien, die gefundene Person ansprechen und vermitteln.

Die Preisspanne von Executive-Search-Firmen ist unbekannt; früher galt jedoch die Faustregel, dass eine Vermittlung auf C-Level bis zu einem Drittel des ersten Jahreslohnes beträgt. Bei Verwaltungsratsmitgliedern sprechen Quellen von einem ungefähren Jahreslohn – also rund 20’000 Franken – doch die Angaben variieren, harte Daten sind keine bekannt.

Dafür überschneiden sich andere Themen: «Viele Firmen wünschen sich einen CEO mit Erfahrung als neues Verwaltungsratsmitglied», erzählt Engbersen, «sie betrachten das als sicheren Wert.» Aber die Voraussetzung, eine CEO zu sein, stellt eine weitere Hürde für Frauen dar – gibt es doch schlicht weniger weibliche CEO.

«Es gilt, die Diversität auch hier zu vergrössern: Frauen mit einem Fokus auf Digitalisierung, Finanzen, Kommunikation oder Juristik sind nämlich eine exzellente Ergänzung eines Verwaltungsrats.» Wer sich dieser Situation bewusst ist, wird auch leichter eine Kandidatin finden, da sich damit der Pool an möglichen Kandidatinnen automatisch vergrössert.

Der Artikel von Tina Fischer

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